Alfred Friedrich Wilhelm Rust   (* 4. Juli 1900 in Hamburg; † 14. August 1983 in Ahrensburg)   war ein deutscher Prähistoriker. Dr. Alfred Rust, ein Leben für die Archäologie (Klaus Wrieden) Alfred   Rust   wurde   am   4.   Juli   1900   am   Grindelhof   in   Hamburg geboren   und   besuchte   die   Volksschule   an   der   Kieler   Straße. Schon    als    Kind    hatte    er    naturwissenschaftliche    Interessen, streifte    durch    das    Gelände    und    fand    Gefallen    an    all    den schönen     Dingen,     die     Wiese,     Feld     und     Wald     für     einen neugierigen   Jungen   bereithalten.   Nach   der   Schule   begann   er eine     Elektrikerlehre     und     machte     nach     vier     Jahren     seine Gesellen-   und   1925   seine   Meisterprüfung.   1918   wurde   Alfred Rust     zum     Militärdienst     eingezogen,     bei     den     Pionieren ausgebildet   und   war   noch   bis   zum   Ende   des   1.   Weltkrieges   an der Front in Frankreich eingesetzt. Gleich   nach   dem   Krieg   wurde   in   Hamburg   die Volkshochschule eingerichtet,   und   von   Beginn   an   belegte   Alfred   Rust   Kurse   in Kunstgeschichte   in   der   Kunsthalle   und   besuchte   anschließend Kurse   in   Biologie,   wofür   er   außerordentlich   großes   Interesse aufbrachte.      Zur      gleichen      Zeit      lief      in      Hamburg      eine Vorlesungsreihe    über    Vorgeschichte    unter    der    Leitung    von Prof.   Dr.   Gustav   Schwantes,   er   war   Ordinarius   an   der   Kieler Universität.   Prof.   Schwantes   sollte   im   späteren   archäologischen Leben von Alfred Rust noch eine bedeutende Rolle spielen. Vier   Jahre   lang   besuchte   er   die Vorlesungen   von   Schwantes   und kam   hier   erstmalig   und   intensiv   durch   diesen   hervorragenden Lehrer    in    Berührung    mit    den    verschiedenen    Abläufen    der Menschheitsgeschichte    —    besonders    denen    in    der    engeren Heimat     —     wie     etwa     der     geologischen     Entwicklung,     den diversen   Steinzeiten   und   der   Bronze-   und   Eisenzeit.   Besonders interessiert    aber    war    er    an    der    älteren    Zeit,    z.B.    an    den Werkzeugen   der   Neandertaler,   die   es   aber   in   unseren   Breiten nicht    gab.   Als    alter    „Wandervogel“    besuchte    er    nun    in    den Ferien    mit    Zelt    und    Fahrrad    alle    möglichen    Museen    in Deutschland,   Osterreich,   der   Schweiz   und   Italien   auf   der   Suche nach Spuren der Urbevölkerung unseres Kontinents. Letzten   Endes   aber   befriedigte   ihn   diese   Spurensuche   nicht, und   so   träumte   er   von   einer   Reise   in   den   Vorderen   Orient,   um etwa    in    den    Randzonen    der    Wüstenregionen    Syriens    nach Beweisen   über   die Anwesenheit   von   Neandertalern   zu   forschen. Mit     einem     Freund     zusammen     begann     die     abenteuerliche Fahrradtour   am   1.   September   1930   und   dauerte   ganze   acht Monate. Die     Kenntnisse     jedoch,     die     Alfred     Rust     während     der Grabungen        im        syrischen        Jabrud        erwarb,        waren außerordentlich     hilfreich     bei     seiner     späteren     Suche     nach Spuren   des   eiszeitlichen   Menschen   im   nordeuropäischen   Raum. Er    war    schon    vor    seinen    Orientreisen    hin    und    wieder    auf Flintwerkzeuge    gestoßen,    für    die    er    aber    keine    zuverlässige Erklärung     fand.     Eines     Tages     zeigte     man     ihm     mehrere Werkzeuge,   die   unter   einer   umgebrochenen   Baumwurzel   von einem   Schüler   in   Wellingsbüttel   gefunden   wurden.   Er   erinnerte sich   an   ähnliche   eigene   Funde   in   der   Nähe   des   Ahrensburger Stellmoorhügels    und    fuhr    dorthin.    Die    bisherige    Wiese    war umgepflügt   worden   und   zu   seiner   großen   Freude   fand   er   an einem   einzigen   Tag   auf   dem   Gelände   rund   500   Werkzeuge   der schönsten     Art.      Von      diesen      Werkzeugen      glichen      einige denjenigen   vom   Alstertal.   Er   schickte   einige   von   diesen   Typen nach    Kiel    an    Prof.    Schwantes    und    meinte    dazu,    dass    diese eiszeitlich   sein   müssten.   Schwantes   war   nicht   abgeneigt,   diese Meinung zu akzeptieren, aber es fehlten die Beweise dafür! Nun   hatte   man   auch   an   anderen   Orten   -   wie   z.B.   in   Dänemark,- solche     oder     ähnliche     Flintwerkzeuge     gefunden,     aber     die Datierung   war   ungenau   oder   sogar   unmöglich.   Wie   aber   kann man   eine   Altersbestimmung   erreichen   und   diese   auch   sichern? Die   Vermutung   lag   nahe,   dass   hier   Menschen   in   einem   Tal   und wahrscheinlich   am   Rande   eines   Gewässers   gewohnt   oder   sich aufgehalten   hatten.   Dieses   Tal   -   das Ahrensburger-Stellmoorer- Tunneltal - war durch Auswaschung unter dem Eis der letzten Eiszeit   entstanden,   die   vor   etwa   15.000   Jahren   in   diesem   Gebiet endete. Eine    Idee    ließ    Alfred    Rust    nicht    mehr    los:    Um    eiszeitliche Kulturreste   aufzufinden,   musste   man   graben!   Die   Frage   war nur,   woher   die   nötigen   Mittel   und   auch   die   erforderliche   Zeit nehmen?   Er   war   gerade   von   seiner   dritten   Reise   aus   Arabien zurückgekehrt   und   sein   Chef   drängte   ihn,   seine   Tätigkeit   als technischer   Leiter   der Werkstatt   wieder   aufzunehmen.   Er   hatte sich   arbeitslos   gemeldet   und   erhielt   neun   Mark   Unterstützung pro   Woche.   Seine   Mutter   hatte   großes   Verständnis   für   seinen Forscherdrang   und   half   ihm,   soweit   das   bei   ihrer   kleinen   Rente möglich   war.   Nach   wie   vor   aber   beherrschte   ihn   der   Gedanke an   das   Tunneltal   mit   den   möglichen   Schätzen,   die   es   zu   heben galt.    So    fuhr    er    zunächst    zum    Geologischen    Institut    nach Hamburg   und   bat   um   einen   Handbohrer,   um   damit   und   mit etwas     Glück     auf     Bodenabsätze     zu     stoßen,     in     denen     er eiszeitliche    Knochen    und    Geweihreste    zu    finden    hoffte.    Die Geologen    amüsierten    sich    über    sein   Vorhaben    und    meinten: Den Bohrer können Sie trotzdem haben. Er   begann   nun   im   Febr.   1933,   den   3   m   langen   Bohrer   am   alten Fundplatz     (spätere     Benennung:     Meiendorf     2)     durch     die Torfschicht   in   den   Sand   zu   stoßen   und   nach   dem   Herausziehen die     Torf-     und     Sandanteile     durch     einen     Schlitz     in     der Bohrstange    zu    kontrollieren.    So    ging    er    Schritt    für    Schritt weiter    und    stieß    nach    ungefähr    25    m    von    seinem    Fundort entfernt    in    ca.    2,30    m    Tiefe    auf    abgesetzten    grünfarbigen Schlamm.      Seine      Überraschung      war      groß,      als      weitere Bohrungen   eine   Schlammtiefe   von   mehr   als   4   Metern   ergaben. Diese    sogenannte    Gyttjaschicht    war    der    Beweis    dafür,    dass Alfred    Rust    einen    4    m    tiefen    Teich    entdeckt    hatte,    der vermutlich    noch    aus    der    Eiszeit    stammen    könnte.    Niemand aber   glaubte   seiner   Theorie   von   dem   eiszeitlichen   Teich   und den   Tierresten,   die   sich   noch   darin   befinden   müssten.   Nach diesen   Bodenuntersuchungen   musste   er   im   Frühjahr   1933   seine 4.   Arabienreise   antreten   und   schrieb   während   dieser   Zeit   stets voller     Begeisterung     an     Schwantes     und     andere     über     die Geweihe,   Harpunen   und   Knochen,   die   man   dort   herausholen sollte,   was   diese   immer   mit   humorvoller   Freude   über   seinen Optimismus zur Kenntnis nahmen. Als   Alfred   Rust   von   dieser   Reise   zurück   war,   begann   er   im Herbst    1933    mit    einer    Probegrabung,    meldete    sich    wieder arbeitslos   und   fuhr   jeden   Tag   mit   dem   Rad   nach   Ahrensburg und       zurück.       Eine       Unterstützung       von       irgendwelchen Institutionen    erhielt    er    nicht,    weil    niemand    an    einen    Erfolg glaubte.   Der   Einsatz   aber,   für   ein   Nichts   drei   Monate   zu   suchen und        zu        graben,        gehörte        zu        seinen        schönsten Lebenserinnerungen.    Nicht    der    Gedanke    an    die    Möglichkeit hier    etwas    zu    verdienen,    sondern    die    reine    Freude    an    der Forschung   waren   sein   Motiv   und   der   Gedanke,   solche   Dinge für Nordeuropa und für seine Heimat zu erschließen. Auf   Veranlassung    von    Prof.    Schwantes    erhielt    er    schließlich Hilfe       durch       sechs       junge       Männer       vom       Freiwilligen Arbeitsdienst,   die   damals   keinen   Pfennig   kosteten.   So   konnte die   Grabung   Meiendorf   kostenfrei   durchgeführt   werden.   Diese Mitarbeiter   gingen   mit   großem   Elan   an   die Arbeit,   gruben   sich durch     Torf     und     Sand     und     kämpften     täglich     gegen     das Grundwasser   an.   Nach   drei   Monaten   aber   wurden   sie   etwas mutlos    und    verstanden    die    Schinderei    nicht    mehr    so    recht. Alfred   Rust   blieb   Optimist   und   glaubte   an   den   Erfolg!   Eines Tages   stieß   einer   seiner   Helfer   (Schmielegger   aus   Ahrensburg) im   Triebsand   auf   etwas   Hartes.   Rust   dachte   an   Reste   einer alten Baumwurzel, ließ sie herausziehen und nach oben werfen. Die   Überraschung   wer   perfekt,   als   sich   das   abgebrochene   Stück Holz   als   ein   kleines   Geweihstück   entpuppte.   Mit   einem   Satz sprang   Alfred   Rust   in   die   Grube,   versank   bis   zu   den   Knien   im Wasser       und       versuchte       nun       vergeblich,       den       Rest herauszuziehen.   Aber   es   war   viel   zu   groß   und   bewegte   sich nicht.   Er   machte   nun   mit   den   Händen   das   Umfeld   etwas   frei und    bat    seine    Männer    um    Hilfe.   Alle    umfassten    sich    dann, zogen   mit   einem   Ruck   gemeinsam   und   fielen   rücklings   in   den Schlamm.    Aber    Alfred    Rust    hatte    ein    riesiges,    eiszeitliches Rentiergeweih   von   1,50   m   Länge   in   den   Händen.   Das   Geweih befand   sich   in   einem   hervorragenden   Zustand   und   war   in   Art und    Technik    so    bearbeitet,    wie    diese    nur    in    der    Eiszeit    in Gebrauch     waren.     Die     Freude     über     diesen     Erfolg     war riesengroß,    und    der    Jubel    der    Männer    wollte    kein    Ende nehmen! Mit   diesem   ersten   Fund   in   tieferen   Schichten   war   nun   ganz klar    bewiesen,    dass    auch    die    vorher    auf    der    Erdoberfläche entdeckten    Flintwerkzeuge    der    Eiszeit    zugeordnet    werden konnten,     somit     war     auch     der     erste     Rentierjägerplatz     in Nordeuropa    entdeckt    und    der    Nachweis    erbracht,    dass    hier schon    vor    wenigstens    13.000    Jahren    eiszeitliche    Bewohner gelebt   haben.   Am   nächsten   Morgen   standen   Prof.   Schwantes und   der   Geologe   Prof.   Gripp   mit   Rust   zusammen   an   der   Grube und    fühlten    sich    wie    Beschenkte    zu    Weihnachten,    wenn    die Männer    vom   Arbeitsdienst    immer    wieder    in    Grabungswand oder       Schlamm       griffen,       um       eiszeitliche       Kulturreste hervorzuzaubern.   Aus   diesem   Grabungsfeld   wurden   in   dieser Zeit   noch   etwa   4.000   eiszeitliche   Knochen   und   Geweihstücke geborgen.   Im   Anschluss   an   diese   erste   Grabung   wurden   wegen der     Altersbestimmung     pollenanalytische,     geologische     und später   nach   dem   Kriege   auch   Untersuchun¬gen   nach   der   C-14 Methode vorgenommen. Ein    großes    Problem    im    gesamten    Grabungsgebiet    war    das Grundwasser.   Zuerst   benutzte   man   Eimer   zum   Ausschöpfen, dann   behalf   man   sich   mit   einer   geliehenen   Handpumpe,   die stundenlang   bewegt   werden   musste.   Schließlich   aber   gelang   es, zwei      Pumpen      mit      Dieselmotoren      einzusetzen,      um      den Grundwasserspiegel   abzusenken.   Damit   waren   die   alten   Übel   - Triebsand    und   Wasser    -    unter    Kontrolle    und    erlaubten    das Arbeiten in trockenem Sand. Nach   Abschluss    der    Grabung    in    Meiendorf    2    erhielt   Alfred Rust    finanzielle    Unterstützung    und    begann    1934    mit    der Untersuchung    des    Ahrensburger    Stellmoorhügels,    weil    auch hier    immer    wieder    Flintwerkzeuge    gefunden    wurden.    Unter Mithilfe    von    nunmehr    20    Arbeitsdienstmännern    wurde    ein Suchgraben   angelegt   und   nach   vierwöchiger   Arbeit   die   ersten Knochen   gefunden.   Nach   dem   Ausheben   und   der   Auswertung dieses    ersten    Suchgrabens    unterhalb    des    Hügels    und    nach Anlage     eines     zweiten     Grabens     kam    Alfred     Rust     zu     der Auffassung,   dass   hier   noch   mindestens   1.000   Stück   Rengeweihe und     20.000     Knochen     liegen     müssten.     Nach     Ende     einer Großgrabung   1935/36   haben   sich   diese   Schätzungen   bestätigt. Er   nahm   an,   dass   sich   in   diesem   Gebiet   am   Stellmoorhügel noch    heute    rund    10.000    Geweihe,    Knochen,    Holzteile    und ähnliche Dinge befinden. Alfred    Rust    hat    die    Fundplätze    niemals    ganz    ausgeräumt, sondern     darauf     vertraut,     dass     spätere     Generationen     mit moderneren     Methoden     zu     besseren     Ergebnissen     kommen könnten,   als   sie   zu   der   Zeit   möglich   waren.   Während   man   in Meiendorf   2   Werkzeuge   der   „Hamburger   Kultur“   entdeckte, fanden   sich   in   Stellmoor   Artefakte   der   „Hamburger-“   sowie der    späteren    „Ahrensburger    Stufe",    die    in    Gestaltung    und Bearbeitung zum Teil unterschiedlich gefertigt sind. Bei   diesen   Grabungen   in   Stellmoor   wurde   auch   der   Kultpfahl gefunden,   der   Später   Eingang   in   das   Ahrensburger   Wappen fand.    Fast    sensationell    war    das    Auffinden    von    etwa    100 Holzpfeilen       —       vielleicht       die       bisher       ältesten       der Menschheitsgeschichte?       Im       Schlamm       des       verlandeten Gewässers     am     Stellmoorhügel     wurden     auch     zweijährige, weibliche    Reste    von    Rentieren    gefunden,    die    mit    Hilfe    von schweren Steinen im Brustkorb versenkt wurden. Nach   Meinung   von   Rust   sollte   es   sich   hierbei   um   geopferte Tiere    handeln.    Unendlich    viele    Waffen    und    Flintwerkzeuge wurden   geborgen,   die   den   unterschiedlichsten   Zwecken   dienten und dem jeweiligen Bedarf angepasst waren. Im   Laufe   der   Zeit   wurden   rund   um   das   Tunneltal   über   300 Bohrungen        niedergebracht        und        eine        Reihe        von Probegrabungen      durchgeführt,      um      weitere      Wohnplätze aufzufinden.   Das   gelang   auch   an   einigen   Stellen,   wie   1937/38 am       Pinnberg.       Hier       konnte       Alfred       Rust       mehrere Kulturschichten    von    der    frühen    mittleren    bis    zur    jüngeren Steinzeit   nachweisen.   Außerdem   fand   er   Hüttengrundrisse   aus der    Mittelsteinzeit    und    drei    Körpergräber    mit    Beilbeigaben, ebenfalls aus dieser Zeit. Bei    allen    Erfolgen    aber    blieb    eine    Frage    immer    offen:    wie haben   diese   Leute   der   eiszeitlichen   Epoche   eigentlich   gewohnt? Felshöhlen   o.ä.   gab   es   in   unserem   Gebiet   nicht.   Die   damalige Tundra   bot   für   den   Bau   von   Hütten   kein   Holz   und   so   konnte nur   vermutet   werden,   dass   möglicherweise   transportable   Zelte benutzt   worden   sind.   Aber   wie   sollte   man   nach   so   langer   Zeit noch Zeltreste oder Hinweise auf Zeltplätze finden? Alfred   Rust   hat   15   Jahre   lang   nach   solchen   Behausungsresten gesucht,    und    tatsächlich    gelang    es,    am    Borneck    (Nähe    U- Bahnhof     Ost)     und     in     der     Poggenwisch     (südl.     Stellmoor) Zeltreste        dieser        eiszeitlichen        Menschen        aufzufinden. Voraussetzung    war    eine    unzerstörte    Oberfläche,    unter    der Steinlagen   den   Rand   der   Zeltwände   andeuten.   Die   Rentierjäger legten   große   Steine   im   Kreis   auf   den   Rand   der   Zeltwände   aus gegerbtem   Rentierleder,   um   diese   gegen   Sturm   zu   schützen. Ferner      wurden      große      Steine      herangewälzt,      um      den Lederriemen,   die   mit   den   Zeltstangen   von   außen   verbunden waren,   festen   Halt   zu   geben.   Die   Zeltstangen   —   die   ja   nicht sehr     kräftig     zu     sein     brauchten     -     hatte     man     aus     dem Winterquartier auf monatelanger Wanderung mitgebracht. Durch   Auffinden   der   Steinkränze,   die   zeitringartig   gruppiert waren,    konnte    Alfred    Rust    davon    ausgehen,    die    Uberreste jungpaläolithischer   Zeltgrundrisse   entdeckt   zu   haben.   So   fand er   Reste   von   Sommerzelten   am   Borneck   und   auf   dem   Gebiet Poggenwisch.    Erstmalig    konnte    er    auch    die    Umrisse    eines Winterdoppelzeltes    bestimmen    nach    der    Art    der    Zelte    der Karibujäger   in   Kanada.   In   Ahrensburg   wird   diese   Behausung Jägern       der       Federmessergruppe       zugeordnet.       Mit       der Entdeckung   dieser   Zeltplätze   hatte   Alfred   Rust   den   täglichen Lebenslauf   dieser   Leute   voll   erschlossen.   Man   wusste,   wie   sie gejagt   hatten,   welche   Jagdwaffen   sie   benutzten   und   womit   und wie    sie    diese    hergestellt    hatten    und    warum    die    einzelnen Feuerstein-Werkzeuge    so    oder    anders    geformt    waren.    Man konnte   an   in   Knochen   eingeschossenen   Pfeilspitzen   erkennen, welcher   Art   diese   waren,   man   hatte   Messer,   Bohrer,   Kratzer, Stichel   und   viele   bis   dahin   unbekannte   Werkzeuge   gefunden und   wusste   nun   auch   von   den   transportablen   Zelten. Alle   diese Erkenntnisse   gaben Alfred   Rust   die   Möglichkeit,   das   Leben   der Rentierjäger in ihrem 24-stündigen Tagesablauf zu erschließen. Auch   nach   dem   2.   Weltkrieg   wurden   unter   der   Leitung   von Alfred    Rust    —    bzw.    durch    seine    Anregungen    —    weitere Grabungen   im   Tunneltal   durchgeführt.   Als   Resultat   kam   er   zu der   Erkenntnis,   dass   im   Bereiche   dieses   Gebietes   mit   mehr   als 50 eiszeitlichen Lagerplätzen zu rechnen sei. In     der     Vorgeschichtsforschung     nimmt     Alfred     Rust     als autodidaktischer   Wissenschaftler   einen   hervorragenden   Rang ein    und    wurde    wegen    seiner    außergewöhnlichen    Leistungen vielfach   geehrt.   So   wurde   ihm   1940   von   der   Philosophischen Fakultät   der   Universität   Kiel   die   Ehrendoktorwürde   verliehen und   1942   habilitierte   er   sich   in   Kiel   mit   der   Arbeit   „Die   alt- und   mittelsteinzeitlichen   Funde   von   Stellmoor“.   Seit   1939   bis zu    seiner    Versetzung    in    den    Ruhestand    im    Jahre    1965    war Alfred       Rust       als       wissenschaftlicher       Mitarbeiter       für Forschungsaufträge       beim       Landesamt       für       Vor-       und Frühgeschichte von Schleswig-Holstein angestellt. Zahlreiche       Auszeichnungen       und       Ehrenmitgliedschaften wurden          ihm          verliehen          und          würdigten          seine Forschungsarbeiten: 1937  Ehrenmitglied des Naturwissenschaftlichen Vereins,  Hamburg. 1942  Korrespondierendes Mitglied des Instituto ltaliano di  Paleontologia Umana, Rom. 1953  Mitglied der Joachim-Jungius-Gesellschaft der  Wissenschaften, Hamburg 1955  Mitglied der Leopoldina, Deutsche Akademie der  Naturforscher, Halle. 1957  Korrespondierendes Mitglied des Instituto Italiano di   Preistoria e Protoistoria, Florenz. 1958  Korrespondierendes Mitglied des Deutschen  Archäologischen Instituts, Berlin. 1965  Ehrenmitglied der Universität Köln. 1967  Verleihung der Albrecht-Penck-Medaille der Deutschen  Quartär-Vereinigung. 1970  Korrespondierendes Mitglied der Philosophisch-  Historischen Klasse der Heidelberger Akademie der  Wissenschaften. Dr.   Alfred   Rust   wurde   1965   Ehrenbürger   seiner   Heimatstadt Ahrensburg. Die   frühere   Realschule   am Wulfsdorfer Weg   wurde   nach Alfred Rust     benannt,     heute     trägt     nur     noch     der     Festsaal     der Integrierten Gesamtschule seinen Namen. Im    Ahrensburger     Rathaus     erinnert     eine     Büste     von     dem Bildhauer Jürgen Block an Alfred Rust. Die     in     35jähriger     Arbeit     erschlossenen     und     in     großen Publikationen       niedergelegten       Ergebnisse       seiner      Arbeit sicherten   Ahrensburg   für   den   endeiszeitlichen   Kulturabschnitt der   Menschheitsgeschichte   einen   hervorragenden   Platz   in   der internationalen Literatur. Alfred     Rust     verfasste,     neben     etlichen     wissenschaftlichen Arbeiten, eine Reihe von populärwissenschaftlichen Werken. Er    wurde    mehrfach    für    eine    Professur    vorgesehen,    doch    es wurde   jeweils   abgelehnt.   Ein   Grund   war   sicher,   dass   er   keine Vorlesungen halten, sondern lieber im Feld arbeiten wollte. Zu   seinem   Lebensweg   wäre   noch   zu   berichten,   dass   er   1934 Olga   Martens   heiratete   und   1934   sein   Sohn   und   1938   seine Tochter   geboren   wurden.   Anfang   1934   baute   er   für   sich   und seine   Familie   ein   Haus   in   der   Straße Am   Rehm,   unmittelbar   am Rande     „seines     Tunneltales“.     Dieses     Haus     wurde     in     den folgenden Jahren mehrfach erweitert. Ein   außerordentliches   Talent   entwickelte   er   als   Hobbymaler, eine   Kunst,   die   er   sich   selber   aneignete.   seine   Fähigkeit   zeigt sich   ganz   deutlich   an   den   von   ihm   gemalten   Gemälden   und Bildern,     besonders     aber     an     den     akribisch     ausgeführten Zeichnungen   der   Grabungsstellen   und   der   von   ihm   gefundenen Artefakte. Aus    Liebe    zur    Natur    und    im    Hinblick    auf    die    besondere geomorphologische   Bedeutung   des   Gebietes   Tunneltal   /   Hagen setzte   sich Alfred   Rust   mehrfach   für   die   Erhaltung   des   schönen Waldgebietes ein. So   z.B.,   dass   nach Aufteilung   des   Schimmelmannschen   Besitzes 1935   keine   Straßen   vom   Rehm   ausgehend   —   mitten   durch   den Hagenwald   gebaut   wurden.   Mit   Vehemenz   und   persönlichem Einsatz   verhinderte   er   mit   gleichgesinnten Ahrensburgern   1969 /    70    den    Bau    von    mehreren    zwölfstöckigen   Wohnblocks    am Hagen. Bis   ins   hohe   Alter   hinein   blieb   Alfred   Rust   aktiv!   Er   beteiligte sich   an   Bürgerinitiativen,   die   der   Erhaltung   des   Ahrensburger Stadtbildes   dienten,   und   brachte   in   Vorträgen   und   Führungen das   archäologische   Geschehen   um Ahrensburg   seinen   Zuhörern und mit besonderer Freude den Kindern nahe. Dr. Alfred   Rust   starb   am   14. August   1983   und   fand   seine   letzte Ruhe auf dem Ahrensburger Waldfriedhof. Klaus Wrieden  Anbei   im   Text   der   Link   zu   Terra   X   den   Eiszeitjägern   vom   ZDF   über   die Leistungen und Erfolge von Alfred Rust
ALFRED RUST ALFRED RUST
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Alfred Friedrich Wilhelm Rust (* 4. Juli 1900 in Hamburg; † 14. August 1983 in Ahrensburg) war ein deutscher Prähistoriker. Dr.   Alfred   Rust,   ein   Leben   für   die   Archäologie   (Klaus Wrieden) Alfred   Rust   wurde   am   4.   Juli   1900   am   Grindelhof   in Hamburg   geboren   und   besuchte   die   Volksschule   an   der Kieler        Straße.        Schon        als        Kind        hatte        er naturwissenschaftliche     Interessen,     streifte     durch     das Gelände   und   fand   Gefallen   an   all   den   schönen   Dingen, die   Wiese,   Feld   und   Wald   für   einen   neugierigen   Jungen bereithalten.      Nach      der      Schule      begann      er      eine Elektrikerlehre    und    machte    nach    vier    Jahren    seine Gesellen-   und   1925   seine   Meisterprüfung.   1918   wurde Alfred    Rust    zum    Militärdienst    eingezogen,    bei    den Pionieren   ausgebildet   und   war   noch   bis   zum   Ende   des   1. Weltkrieges an der Front in Frankreich eingesetzt. Gleich     nach     dem     Krieg     wurde     in     Hamburg     die Volkshochschule   eingerichtet,   und   von   Beginn   an   belegte Alfred   Rust   Kurse   in   Kunstgeschichte   in   der   Kunsthalle und   besuchte   anschließend   Kurse   in   Biologie,   wofür   er außerordentlich      großes      Interesse      aufbrachte.      Zur gleichen   Zeit   lief   in   Hamburg   eine   Vorlesungsreihe   über Vorgeschichte   unter   der   Leitung   von   Prof.   Dr.   Gustav Schwantes,   er   war   Ordinarius   an   der   Kieler   Universität. Prof.     Schwantes     sollte     im     späteren     archäologischen Leben    von    Alfred    Rust    noch    eine    bedeutende    Rolle spielen. Vier     Jahre     lang     besuchte     er     die     Vorlesungen     von Schwantes   und   kam   hier   erstmalig   und   intensiv   durch diesen    hervorragenden    Lehrer    in    Berührung    mit    den verschiedenen    Abläufen    der    Menschheitsgeschichte    besonders   denen   in   der   engeren   Heimat   —   wie   etwa   der geologischen   Entwicklung,   den   diversen   Steinzeiten   und der   Bronze-   und   Eisenzeit.   Besonders   interessiert   aber war   er   an   der   älteren   Zeit,   z.B.   an   den   Werkzeugen   der Neandertaler,   die   es   aber   in   unseren   Breiten   nicht   gab. Als   alter   „Wandervogel“   besuchte   er   nun   in   den   Ferien mit     Zelt     und     Fahrrad     alle     möglichen     Museen     in Deutschland,   Osterreich,   der   Schweiz   und   Italien   auf   der Suche      nach      Spuren      der      Urbevölkerung      unseres Kontinents. Letzten   Endes   aber   befriedigte   ihn   diese   Spurensuche nicht,   und   so   träumte   er   von   einer   Reise   in   den   Vorderen Orient,   um   etwa   in   den   Randzonen   der   Wüstenregionen Syriens     nach     Beweisen     über     die     Anwesenheit     von Neandertalern      zu      forschen.      Mit      einem      Freund zusammen   begann   die   abenteuerliche   Fahrradtour   am   1. September 1930 und dauerte ganze acht Monate. Die    Kenntnisse    jedoch,    die    Alfred    Rust    während    der Grabungen      im      syrischen      Jabrud      erwarb,      waren außerordentlich   hilfreich   bei   seiner   späteren   Suche   nach Spuren   des   eiszeitlichen   Menschen   im   nordeuropäischen Raum.   Er   war   schon   vor   seinen   Orientreisen   hin   und wieder    auf    Flintwerkzeuge    gestoßen,    für    die    er    aber keine    zuverlässige    Erklärung    fand.    Eines   Tages    zeigte man      ihm      mehrere      Werkzeuge,      die      unter      einer umgebrochenen     Baumwurzel     von     einem     Schüler     in Wellingsbüttel   gefunden   wurden.   Er   erinnerte   sich   an ähnliche    eigene    Funde    in    der    Nähe    des   Ahrensburger Stellmoorhügels   und   fuhr   dorthin.   Die   bisherige   Wiese war   umgepflügt   worden   und   zu   seiner   großen   Freude fand   er   an   einem   einzigen   Tag   auf   dem   Gelände   rund 500      Werkzeuge      der      schönsten      Art.      Von      diesen Werkzeugen   glichen   einige   denjenigen   vom   Alstertal.   Er schickte    einige    von    diesen    Typen    nach    Kiel    an    Prof. Schwantes   und   meinte   dazu,   dass   diese   eiszeitlich   sein müssten.   Schwantes   war   nicht   abgeneigt,   diese   Meinung zu akzeptieren, aber es fehlten die Beweise dafür! Nun    hatte    man    auch    an    anderen    Orten    -    wie    z.B.    in Dänemark,-      solche      oder      ähnliche      Flintwerkzeuge gefunden,   aber   die   Datierung   war   ungenau   oder   sogar unmöglich.   Wie   aber   kann   man   eine   Altersbestimmung erreichen   und   diese   auch   sichern?   Die   Vermutung   lag nahe,      dass      hier      Menschen      in      einem      Tal      und wahrscheinlich   am   Rande   eines   Gewässers   gewohnt   oder sich   aufgehalten   hatten.   Dieses   Tal   -   das   Ahrensburger- Stellmoorer-Tunneltal   -   war   durch   Auswaschung   unter dem    Eis    der    letzten    Eiszeit    entstanden,    die    vor    etwa 15.000 Jahren in diesem Gebiet endete. Eine     Idee     ließ     Alfred     Rust     nicht     mehr     los:     Um eiszeitliche   Kulturreste   aufzufinden,   musste   man   graben! Die   Frage   war   nur,   woher   die   nötigen   Mittel   und   auch die   erforderliche   Zeit   nehmen?   Er   war   gerade   von   seiner dritten   Reise   aus   Arabien   zurückgekehrt   und   sein   Chef drängte   ihn,   seine   Tätigkeit   als   technischer   Leiter   der Werkstatt   wieder   aufzunehmen.   Er   hatte   sich   arbeitslos gemeldet    und    erhielt    neun    Mark    Unterstützung    pro Woche.   Seine   Mutter   hatte   großes   Verständnis   für   seinen Forscherdrang   und   half   ihm,   soweit   das   bei   ihrer   kleinen Rente   möglich   war.   Nach   wie   vor   aber   beherrschte   ihn der    Gedanke    an    das    Tunneltal    mit    den    möglichen Schätzen,   die   es   zu   heben   galt.   So   fuhr   er   zunächst   zum Geologischen   Institut   nach   Hamburg   und   bat   um   einen Handbohrer,     um     damit     und     mit     etwas     Glück     auf Bodenabsätze zu stoßen, in denen er eiszeitliche Knochen und     Geweihreste     zu     finden     hoffte.     Die     Geologen amüsierten   sich   über   sein   Vorhaben   und   meinten:   Den Bohrer können Sie trotzdem haben. Er   begann   nun   im   Febr.   1933,   den   3   m   langen   Bohrer   am alten     Fundplatz     (spätere     Benennung:     Meiendorf     2) durch   die   Torfschicht   in   den   Sand   zu   stoßen   und   nach dem   Herausziehen   die Torf-   und   Sandanteile   durch   einen Schlitz   in   der   Bohrstange   zu   kontrollieren.   So   ging   er Schritt   für   Schritt   weiter   und   stieß   nach   ungefähr   25   m von    seinem    Fundort    entfernt    in    ca.    2,30    m    Tiefe    auf abgesetzten   grünfarbigen   Schlamm.   Seine   Überraschung war   groß,   als   weitere   Bohrungen   eine   Schlammtiefe   von mehr      als      4      Metern      ergaben.      Diese      sogenannte Gyttjaschicht   war   der   Beweis   dafür,   dass   Alfred   Rust einen   4   m   tiefen   Teich   entdeckt   hatte,   der   vermutlich noch    aus    der    Eiszeit    stammen    könnte.    Niemand    aber glaubte   seiner   Theorie   von   dem   eiszeitlichen   Teich   und den   Tierresten,   die   sich   noch   darin   befinden   müssten. Nach     diesen     Bodenuntersuchungen     musste     er     im Frühjahr     1933     seine     4.    Arabienreise     antreten     und schrieb   während   dieser   Zeit   stets   voller   Begeisterung   an Schwantes   und   andere   über   die   Geweihe,   Harpunen   und Knochen,    die    man    dort    herausholen    sollte,    was    diese immer   mit   humorvoller   Freude   über   seinen   Optimismus zur Kenntnis nahmen. Als   Alfred   Rust   von   dieser   Reise   zurück   war,   begann   er im   Herbst   1933   mit   einer   Probegrabung,   meldete   sich wieder   arbeitslos   und   fuhr   jeden   Tag   mit   dem   Rad   nach Ahrensburg     und     zurück.     Eine     Unterstützung     von irgendwelchen     Institutionen     erhielt     er     nicht,     weil niemand   an   einen   Erfolg   glaubte.   Der   Einsatz   aber,   für ein   Nichts   drei   Monate   zu   suchen   und   zu   graben,   gehörte zu    seinen    schönsten    Lebenserinnerungen.    Nicht    der Gedanke    an    die    Möglichkeit    hier    etwas    zu    verdienen, sondern   die   reine   Freude   an   der   Forschung   waren   sein Motiv   und   der   Gedanke,   solche   Dinge   für   Nordeuropa und für seine Heimat zu erschließen. Auf     Veranlassung     von     Prof.     Schwantes     erhielt     er schließlich     Hilfe     durch     sechs     junge     Männer     vom Freiwilligen    Arbeitsdienst,    die    damals    keinen    Pfennig kosteten.   So   konnte   die   Grabung   Meiendorf   kostenfrei durchgeführt    werden.    Diese    Mitarbeiter    gingen    mit großem   Elan   an   die   Arbeit,   gruben   sich   durch   Torf   und Sand   und   kämpften   täglich   gegen   das   Grundwasser   an. Nach   drei   Monaten   aber   wurden   sie   etwas   mutlos   und verstanden   die   Schinderei   nicht   mehr   so   recht.   Alfred Rust   blieb   Optimist   und   glaubte   an   den   Erfolg!   Eines Tages     stieß     einer     seiner     Helfer     (Schmielegger     aus Ahrensburg)     im    Triebsand     auf     etwas     Hartes.     Rust dachte     an     Reste     einer     alten     Baumwurzel,     ließ     sie herausziehen   und   nach   oben   werfen.   Die   Überraschung wer   perfekt,   als   sich   das   abgebrochene   Stück   Holz   als   ein kleines   Geweihstück   entpuppte.   Mit   einem   Satz   sprang Alfred   Rust   in   die   Grube,   versank   bis   zu   den   Knien   im Wasser     und     versuchte     nun     vergeblich,     den     Rest herauszuziehen.   Aber   es   war   viel   zu   groß   und   bewegte sich   nicht.   Er   machte   nun   mit   den   Händen   das   Umfeld etwas     frei     und     bat     seine     Männer     um     Hilfe.     Alle umfassten   sich   dann,   zogen   mit   einem   Ruck   gemeinsam und   fielen   rücklings   in   den   Schlamm.   Aber   Alfred   Rust hatte   ein   riesiges,   eiszeitliches   Rentiergeweih   von   1,50   m Länge   in   den   Händen.   Das   Geweih   befand   sich   in   einem hervorragenden   Zustand   und   war   in Art   und   Technik   so bearbeitet,    wie    diese    nur    in    der    Eiszeit    in    Gebrauch waren.   Die   Freude   über   diesen   Erfolg   war   riesengroß, und der Jubel der Männer wollte kein Ende nehmen! Mit   diesem   ersten   Fund   in   tieferen   Schichten   war   nun ganz    klar    bewiesen,    dass    auch    die    vorher    auf    der Erdoberfläche    entdeckten    Flintwerkzeuge    der    Eiszeit zugeordnet   werden   konnten,   somit   war   auch   der   erste Rentierjägerplatz     in     Nordeuropa     entdeckt     und     der Nachweis    erbracht,    dass    hier    schon    vor    wenigstens 13.000   Jahren   eiszeitliche   Bewohner   gelebt   haben.   Am nächsten    Morgen    standen    Prof.    Schwantes    und    der Geologe   Prof.   Gripp   mit   Rust   zusammen   an   der   Grube und   fühlten   sich   wie   Beschenkte   zu   Weihnachten,   wenn die     Männer     vom     Arbeitsdienst     immer     wieder     in Grabungswand    oder    Schlamm    griffen,    um    eiszeitliche Kulturreste   hervorzuzaubern.   Aus   diesem   Grabungsfeld wurden    in    dieser    Zeit    noch    etwa    4.000    eiszeitliche Knochen und Geweihstücke geborgen. Im   Anschluss   an   diese   erste   Grabung   wurden   wegen   der Altersbestimmung     pollenanalytische,     geologische     und später   nach   dem   Kriege   auch   Untersuchungen   nach   der C-14 Methode vorgenommen. Ein   großes   Problem   im   gesamten   Grabungsgebiet   war das    Grundwasser.    Zuerst    benutzte    man    Eimer    zum Ausschöpfen,   dann   behalf   man   sich   mit   einer   geliehenen Handpumpe,    die    stundenlang    bewegt    werden    musste. Schließlich      aber      gelang      es,      zwei      Pumpen      mit Dieselmotoren   einzusetzen,   um   den   Grundwasserspiegel abzusenken.   Damit   waren   die   alten   Übel   - Triebsand   und Wasser   -   unter   Kontrolle   und   erlaubten   das   Arbeiten   in trockenem Sand. Nach    Abschluss    der    Grabung    in    Meiendorf    2    erhielt Alfred   Rust   finanzielle   Unterstützung   und   begann   1934 mit          der          Untersuchung          des         Ahrensburger Stellmoorhügels,      weil      auch      hier      immer      wieder Flintwerkzeuge    gefunden    wurden.    Unter    Mithilfe    von nunmehr       20       Arbeitsdienstmännern       wurde       ein Suchgraben   angelegt   und   nach   vierwöchiger   Arbeit   die ersten   Knochen   gefunden.   Nach   dem   Ausheben   und   der Auswertung    dieses    ersten    Suchgrabens    unterhalb    des Hügels    und    nach    Anlage    eines    zweiten    Grabens    kam Alfred     Rust     zu     der     Auffassung,     dass     hier     noch mindestens   1.000   Stück   Rengeweihe   und   20.000   Knochen liegen   müssten.   Nach   Ende   einer   Großgrabung   1935/36 haben    sich    diese    Schätzungen    bestätigt.    Er    nahm    an, dass   sich   in   diesem   Gebiet   am   Stellmoorhügel   noch   heute rund   10.000   Geweihe,   Knochen,   Holzteile   und   ähnliche Dinge befinden. Alfred      Rust      hat      die      Fundplätze      niemals      ganz ausgeräumt,     sondern     darauf     vertraut,     dass     spätere Generationen    mit    moderneren    Methoden    zu    besseren Ergebnissen     kommen     könnten,     als     sie     zu     der     Zeit möglich      waren.      Während      man      in      Meiendorf      2 Werkzeuge   der   „Hamburger   Kultur“   entdeckte,   fanden sich   in   Stellmoor Artefakte   der   „Hamburger-“   sowie   der späteren   „Ahrensburger   Stufe",   die   in   Gestaltung   und Bearbeitung zum Teil unterschiedlich gefertigt sind. Bei    diesen    Grabungen    in    Stellmoor    wurde    auch    der Kultpfahl     gefunden,     der     Später     Eingang     in     das Ahrensburger   Wappen   fand.   Fast   sensationell   war   das Auffinden    von    etwa    100    Holzpfeilen    —    vielleicht    die bisher   ältesten   der   Menschheitsgeschichte?   Im   Schlamm des   verlandeten   Gewässers   am   Stellmoorhügel   wurden auch      zweijährige,      weibliche      Reste      von      Rentieren gefunden,     die     mit     Hilfe     von     schweren     Steinen     im Brustkorb    versenkt    wurden.    Nach    Meinung    von    Rust sollte es sich hierbei um geopferte Tiere handeln. Unendlich    viele    Waffen    und    Flintwerkzeuge    wurden geborgen,   die   den   unterschiedlichsten   Zwecken   dienten und dem jeweiligen Bedarf angepasst waren. Im   Laufe   der   Zeit   wurden   rund   um   das   Tunneltal   über 300    Bohrungen    niedergebracht    und    eine    Reihe    von Probegrabungen   durchgeführt,   um   weitere   Wohnplätze aufzufinden.    Das    gelang    auch    an    einigen    Stellen,    wie 1937/38   am   Pinnberg.   Hier   konnte   Alfred   Rust   mehrere Kulturschichten     von     der     frühen     mittleren     bis     zur jüngeren     Steinzeit     nachweisen.     Außerdem     fand     er Hüttengrundrisse     aus     der     Mittelsteinzeit     und     drei Körpergräber    mit    Beilbeigaben,    ebenfalls    aus    dieser Zeit. Bei   allen   Erfolgen   aber   blieb   eine   Frage   immer   offen: wie   haben   diese   Leute   der   eiszeitlichen   Epoche   eigentlich gewohnt?   Felshöhlen   o.ä.   gab   es   in   unserem   Gebiet   nicht. Die   damalige   Tundra   bot   für   den   Bau   von   Hütten   kein Holz     und     so     konnte     nur     vermutet     werden,     dass möglicherweise   transportable   Zelte   benutzt   worden   sind. Aber   wie   sollte   man   nach   so   langer   Zeit   noch   Zeltreste oder Hinweise auf Zeltplätze finden? Alfred      Rust      hat      15      Jahre      lang      nach      solchen Behausungsresten   gesucht,   und   tatsächlich   gelang   es,   am Borneck   (Nähe   U-Bahnhof   Ost)   und   in   der   Poggenwisch (südl.   Stellmoor)   Zeltreste   dieser   eiszeitlichen   Menschen aufzufinden. Voraussetzung    war    eine    unzerstörte    Oberfläche,    unter der   Steinlagen   den   Rand   der   Zeltwände   andeuten.   Die Rentierjäger   legten   große   Steine   im   Kreis   auf   den   Rand der    Zeltwände    aus    gegerbtem    Rentierleder,    um    diese gegen   Sturm   zu   schützen.   Ferner   wurden   große   Steine herangewälzt,     um     den     Lederriemen,     die     mit     den Zeltstangen   von   außen   verbunden   waren,   festen   Halt   zu geben.   Die   Zeltstangen   —   die   ja   nicht   sehr   kräftig   zu sein   brauchten   -   hatte   man   aus   dem   Winterquartier   auf monatelanger Wanderung   mitgebracht.   Durch Auffinden der     Steinkränze,     die     zeitringartig     gruppiert     waren, konnte    Alfred    Rust    davon    ausgehen,    die    Uberreste jungpaläolithischer Zeltgrundrisse entdeckt zu haben. So   fand   er   Reste   von   Sommerzelten   am   Borneck   und   auf dem   Gebiet   Poggenwisch.   Erstmalig   konnte   er   auch   die Umrisse   eines   Winterdoppelzeltes   bestimmen   nach   der Art      der      Zelte      der      Karibujäger      in      Kanada.      In Ahrensburg      wird      diese      Behausung      Jägern      der Federmessergruppe    zugeordnet.    Mit    der    Entdeckung dieser     Zeltplätze     hatte     Alfred     Rust     den     täglichen Lebenslauf   dieser   Leute   voll   erschlossen.   Man   wusste, wie   sie   gejagt   hatten,   welche   Jagdwaffen   sie   benutzten und    womit    und    wie    sie    diese    hergestellt    hatten    und warum    die    einzelnen    Feuerstein-Werkzeuge    so    oder anders    geformt    waren.    Man    konnte    an    in    Knochen eingeschossenen   Pfeilspitzen   erkennen,   welcher Art   diese waren,   man   hatte   Messer,   Bohrer,   Kratzer,   Stichel   und viele    bis    dahin    unbekannte    Werkzeuge    gefunden    und wusste    nun    auch    von    den    transportablen    Zelten.   Alle diese   Erkenntnisse   gaben   Alfred   Rust   die   Möglichkeit, das     Leben     der     Rentierjäger     in     ihrem     24-stündigen Tagesablauf zu erschließen. Auch   nach   dem   2.   Weltkrieg   wurden   unter   der   Leitung von   Alfred    Rust    —    bzw.    durch    seine   Anregungen    weitere     Grabungen     im     Tunneltal     durchgeführt.    Als Resultat   kam   er   zu   der   Erkenntnis,   dass   im   Bereiche dieses      Gebietes      mit      mehr      als      50      eiszeitlichen Lagerplätzen zu rechnen sei. In    der    Vorgeschichtsforschung    nimmt   Alfred    Rust    als autodidaktischer   Wissenschaftler   einen   hervorragenden Rang   ein   und   wurde   wegen   seiner   außergewöhnlichen Leistungen   vielfach   geehrt.   So   wurde   ihm   1940   von   der Philosophischen     Fakultät     der     Universität     Kiel     die Ehrendoktorwürde    verliehen    und    1942    habilitierte    er sich      in      Kiel      mit      der      Arbeit      „Die      alt-      und mittelsteinzeitlichen   Funde   von   Stellmoor“.   Seit   1939   bis zu   seiner   Versetzung   in   den   Ruhestand   im   Jahre   1965 war   Alfred   Rust   als   wissenschaftlicher   Mitarbeiter   für Forschungsaufträge     beim     Landesamt     für     Vor-     und Frühgeschichte von Schleswig-Holstein angestellt. Zahlreiche   Auszeichnungen   und   Ehrenmitgliedschaften wurden       ihm       verliehen       und       würdigten       seine Forschungsarbeiten: 1937            Ehrenmitglied      des      Naturwissenschaftlichen Vereins, Hamburg. 1942      Korrespondierendes   Mitglied   des   Instituto   ltaliano di  Paleontologia Umana, Rom. 1953  Mitglied der Joachim-Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften, Hamburg 1955  Mitglied der Leopoldina, Deutsche Akademie der Naturforscher, Halle. 1957      Korrespondierendes   Mitglied   des   Instituto   Italiano di   Preistoria e Protoistoria, Florenz. 1958  Korrespondierendes Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts, Berlin. 1965  Ehrenmitglied der Universität Köln. 1967          Verleihung     der     Albrecht-Penck-Medaille     der Deutschen  Quartär-Vereinigung. 1970  Korrespondierendes Mitglied der Philosophisch- Historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Dr.     Alfred     Rust     wurde     1965     Ehrenbürger     seiner Heimatstadt Ahrensburg. Die   frühere   Realschule   am   Wulfsdorfer   Weg   wurde   nach Alfred   Rust   benannt,   heute   trägt   nur   noch   der   Festsaal der Integrierten Gesamtschule seinen Namen. Im   Ahrensburger   Rathaus   erinnert   eine   Büste   von   dem Bildhauer Jürgen Block an Alfred Rust. Die    in    35jähriger   Arbeit    erschlossenen    und    in    großen Publikationen    niedergelegten    Ergebnisse    seiner    Arbeit sicherten       Ahrensburg       für       den       endeiszeitlichen Kulturabschnitt       der       Menschheitsgeschichte       einen hervorragenden Platz in der internationalen Literatur. Alfred   Rust   verfasste,   neben   etlichen   wissenschaftlichen Arbeiten,     eine     Reihe     von     populärwissenschaftlichen Werken. Er   wurde   mehrfach   für   eine   Professur   vorgesehen,   doch es   wurde   jeweils   abgelehnt.   Ein   Grund   war   sicher,   dass er    keine    Vorlesungen    halten,    sondern    lieber    im    Feld arbeiten wollte. Zu   seinem   Lebensweg   wäre   noch   zu   berichten,   dass   er 1934   Olga   Martens   heiratete   und   1934   sein   Sohn   und 1938   seine   Tochter   geboren   wurden.   Anfang   1934   baute er   für   sich   und   seine   Familie   ein   Haus   in   der   Straße   Am Rehm,    unmittelbar    am    Rande    „seines    Tunneltales“. Dieses   Haus   wurde   in   den   folgenden   Jahren   mehrfach erweitert. Ein      außerordentliches      Talent      entwickelte      er      als Hobbymaler,    eine    Kunst,    die    er    sich    selber    aneignete. seine   Fähigkeit   zeigt   sich   ganz   deutlich   an   den   von   ihm gemalten   Gemälden   und   Bildern,   besonders   aber   an   den akribisch     ausgeführten     Zeichnungen     der     Grabungs- stellen und der von ihm gefundenen Artefakte. Aus   Liebe   zur   Natur   und   im   Hinblick   auf   die   besondere geomorphologische   Bedeutung   des   Gebietes   Tunneltal   / Hagen     setzte     sich     Alfred     Rust     mehrfach     für     die Erhaltung   des   schönen   Waldgebietes   ein.   So   z.B.,   dass nach   Aufteilung   des   Schimmelmannschen   Besitzes   1935 keine   Straßen   vom   Rehm   ausgehend   —   mitten   durch den    Hagenwald    gebaut    wurden.    Mit    Vehemenz    und persönlichem   Einsatz   verhinderte   er   mit   gleichgesinnten Ahrensburgern     1969     /     70     den     Bau     von     mehreren zwölfstöckigen Wohnblocks am Hagen. Bis   ins   hohe   Alter   hinein   blieb   Alfred   Rust   aktiv!   Er beteiligte    sich    an    Bürgerinitiativen,    die    der    Erhaltung des   Ahrensburger    Stadtbildes    dienten,    und    brachte    in Vorträgen       und       Führungen       das       archäologische Geschehen    um    Ahrensburg    seinen    Zuhörern    und    mit besonderer Freude den Kindern nahe. Dr. Alfred   Rust   starb   am   14. August   1983   und   fand   seine letzte Ruhe auf dem Ahrensburger Waldfriedhof. Klaus Wrieden Anbei   im   Text   der   Link   zu   Terra   X   den   Eiszeitjägern   vom   ZDF über Leistungen und Erfolge von Alfred Rust
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